16. Jun 2011

Landbaupraktikum

Was ist zeitgemäße und vor allem zukunftsfähige Landwirtschaft? Eine Antwort darauf versucht das Landbaupraktikum zu geben, welches am Ende der 12. Klasse stattfindet. Für etwa zwei Wochen reist man zu diesem Zweck auf den Dottenfelderhof nahe Frankfurt. Der Hof ist einerseits ein traditionsreicher Betrieb, der schon lange und erfolgreich die Biologisch-Dynamische Landwirtschaft (Demeter) nach den Grundsätzen Rudolf Steiners umsetzt. Zum anderen unterhält der Hof eine eigene Landbauschule,  die die Arbeitsweisen der „gewöhnlichen“, biologischen Landwirtschaft, sowie die Besonderheiten der Demeter-Landwirtschaft vermittelt.

Zunächst einmal ist das Praktikum die letzte Reise, die man mit der ganzen Klasse gemeinsam tut. Sie bildet somit nicht nur einen wertvollen Kontrast zur mitunter stressigen Abitur-Vorbereitung, sondern betont ein letztes Mal die in der Waldorfschule stets gepflegte Klassengemeinschaft. 

Die Schüler/innen sind während der Zeit auf dem Hof in gemütlichen Mehrbettzimmern, ähnlich einer Jugendherberge, untergebracht. Nach dem Aufstehen früh morgens wartet in der Küche schon ein reichhaltiges Frühstück mit vielen Produkten vom Hof. Danach, gegen 8 Uhr, folgt eine Unterrichtseinheit, meist gehalten von Herrn von Mackensen, dem Leiter der Schule. Hier werden nun die Grundzüge eines Bio-Bauernhofes, der sogenannte Betriebsspiegel, anhand des örtlichen Beispiels erläutert. Verschiedene Mitarbeiter des Hofes vertiefen zudem einzelne Gebiete, etwa die Hühner- oder Kuhhaltung. Auch die Demeter-Landwirtschaft wird in ihren Grundzügen erläutert. 

Gegen halb 10 Uhr gibt es dann eine Lagebesprechung, in der die Schüler verschiedenen Mitarbeitern zugewiesen werden. Während des Praktikums sollen die Schüler möglichst alle zur Zeit anstehenden Arbeiten kennenlernen. Da gibt es Möhren zu jäten, Spinat zu ernten, Kirschen zu essen, nein, zu pflücken... Hier spielt nun auch die praktische Verwirklichung der Demeter-Landwirtschaft eine Rolle, etwa, wenn für so genannte Präparate verschiedene Blüten gepflückt werden müssen. In der Regel entstehen jene Präparate nach den Erkenntnissen Rudolf Steiners durch die Kombination verschiedener Naturprodukte, die dann für eine bestimmte Zeit den Kräften der Natur ausgesetzt werden und abschließend, auf die Felder verteilt, die Entwicklung der Pflanzen fördern sollen.

Es ist auch möglich, sich neben der Feldarbeit einzelne Hofbetriebe genauer anzusehen. So kann man dem Auszug der Kühe am frühen Morgen beiwohnen oder mitten in der Nacht erleben, wie in der Hofbäckerei frische Brötchen und köstliche Kuchen entstehen. Aktive Mitarbeit ist dabei gern gesehen. Wenn man sich detailliert für die Demeter-Präparate interessiert, freut sich der entsprechende Mitarbeiter, einem die „Schatztruhe“ des Hofes, die riesige Kiste, in der die Präparate aufbewahrt werden, zu zeigen. Gerne erzählt dieser von seinen Erfahrungen mit den Präparaten.

Auch auf einem Demeter-Hof können ganz praktische Probleme auftreten. So hatten wir Spaß dabei, gekleidet in Anglerausrüstung, in einer Erdgrube ein gebrochenes Bewässerungsrohr freizulegen.

Während der ersten Arbeitsphase hat der Küchendienst aus frischen Zutaten ein hoffentlich schmackhaftes Mittagessen zubereitet, welches eine absolut notwendige Stärkung ist. Nach einer kurzen Mittagspause beginnt die zweite Arbeitsphase. Gegen 17 Uhr folgt dann noch eine weitere Unterrichtseinheit, in der von mitgereisten Biologie-Lehrern der reguläre Schulunterricht fortgesetzt wird. Hier zeigt sich, wie enthusiastisch die einzelnen Schüler ihre Arbeiten ausgeführt haben, bzw. wie anstrengend diese wahren. Denn dem einen oder der anderen fallen hier schon mal die Augen zu... Nach einem kräftigen Abendessen ist noch etwas freie Zeit zur Verfügung, die je nach Müdigkeitsgrad auf Spaziergängen über den Hof oder bei gemütlichen Gesprächen verbracht werden kann. Oder vielleicht doch im Bett, denn eventuell möchte man ja schon um 3 Uhr morgens in der Bäckerei sein…

Caspar Schumacher